Krayem Maria Awad

 Home   Galerie I   Galerie II   Galerie III   Zeichnungen   Lyrik   Biographie  Presse  Kontakt

 

 

 

 

Gemalte Metaphern zum Kreislauf des Lebens

Prof. Maria Buchsbaum

Der erste Eindruck von den während des letzten Jahrzehnts ent­standenen Bildern Krayems läßt eine Wende in dessen Ausdrucks­wollen vermuten. Eine eingehende Betrachtung macht jedoch bewußt, daß die neue Formfindung durchaus keine Veränderung der diesem Maler wesentlichen Thematik bedeutet, vielmehr in einer logischen prozessualen Entwicklung eine intensivierte Aussageweise erreicht hat. Die auf orientalischen wie okzidentalen Querverbindungen beruhende Prägung von Krayems Persönlichkeit bewirkte eine besondere Sensibili­sierung gegenüber kulturhistorischen und sozialen Phänomenen. Eine außergewöhnlich starke Verbundenheit mit seiner Mutter „so gedieh ich in ihrer Liebe und wurde groß," heißt es in einem Gedicht Krayems -ließ ihn die Frau mit anderen Augen sehen.

Der junge Techniker lernte das Leben der Fabriksarbeiterinnen am Fließband kennen, dessen Naturwidrigkeit und Abhängigkeit Mechanismen, welche einer der wesentlichsten Aufgaben der Frau, der Weitergabe von Leben, zuwiderliefen. So ging der Maler einem emotiona­len Antrieb folgend, daran, der Frau als Urmutter, als MAMMA EVA (wie der Titel eines frühen Gemäldes im Besitz des Kulturamtes der Stadt Wien lautet) ein Denkmal zu setzen.

Er stellte zu Idolen abstrahierte Venusfiguren und Muttergöttinnen sowie liebende und leidende Menschenfrauen in strenge kastenartige Räume -halb Altar, halb Kerker. Krayem verlieh der Frau in der SCHÖPFUNG wie auch in der JOHANNESVISION - vielfigurigen, von der Dynamik des Kreativen aufgewühlten Bildkompositionen - ihren schicksalshaften Platz.

Bald kehrte sich der auf die klassischen Forderungen nach einer Synthese von Form, Inhalt und Aussage bedachte Maler von dieser philosophisch untermauerten, jedoch die Gefahr des theatralisch Inszenierten bergen­den Weltsicht ab.

Eine starke Emotionalisierung kennzeichnet seine zweite Werkphase. Die vorangegangenen, entrückten IMAGINÄRE LANDSCHAFTEN wurden von poetischen Erinnerungen an das Land seiner Kindheit abgelöst. In den mit Schwarztee gemalten Aquarellen dominieren die Brauntöne der Wüste. Doch aus deren Lebensfeindlichkeit sprießen zarte, atmosphärisch verschwimmende Baumpflanzungen. „Bäume erzählen Träume" heißt es in einem Gedicht Kravems, oder:

Wolken am Himmel,
werfen Schatten
auf Erde.
Schatten.
Geschenk des Lichts.

Es sind Bekenntnisse seines Glaubens an das Leben, seiner Liebe zu ihm – so wie es die impressiv verschwimmenden, mitunter nahezu schatten­haften Frauengestalten sind, die er damals mit großer Zärtlichkeit gemalt hat.

Diese Bilder einer individualisierten Emotionalität mußte Krayem jedoch bald als Einschränkung seines früheren umfassenden Weltgefühls, seiner bis ins Kosmische reichenden Welt-Anschauung empfinden. Mit der in den achtziger Jahren ausgeformten dritten Werkphase schritt er zu einer immer intensiveren Auflösung des Figurativen. Die Bildserie zum Erinne­rungsjahr 1934 bringt zwar noch von Todesangst zusammengeballte, schemenhafte Menschengruppen. In einer sehr gedeckt gemalten Atmo­sphäre geht jedoch das Einzelschicksal in eine Allgemeingültigkeit über. Von hier ist der Weg in eine abstrahierte Weltsicht nicht mehr weit. Sie manifestiert sich in zwei großen Zyklen, aus deren Titel –ZUEINANDER und STRUKTUREN – sich der Entwicklungsprozeß schon ablesen läßt.

Ein gestisch dynamisierter Pinselduktus bringt mit in den Bildern sichtbar gemachten Bewegungszügen, mit der Gestaltfindung des Abstrakten eine Überschreitung individuellen Geschehens zu verallgemeinender Metaphorik.

Krayem malt gegen Unterdrückung und Verfolgung von Menschen durch die Menschen, aber für menschliche Kommunikation, mensch­liches Zueinander und Zusammenwachsen. Mythologisches und christ­liches Gedankengut finden Eingang: Christus, der von einer Frau Gebo­rene, als Symbol für menschliches Leiden; die Parzen als Allegorie für das von und durch die Frau bestimmte Leben, dessen Ursprung und Ende. Immer wieder sind es noch erahnbare weibliche Gestalten. welche zusammen mit der Farbensymbolik in Zyklen existentielles Sein zum Ausdruck bringen: Erwartung, Befruchtung, Geburt, Wachstum und Ernte.

Die emotional emporstrebenden Farbbahnen wachsen wie Bäume auf. werden zu vage erkennbaren menschlichen Konturen. Diese wiederum verwandeln sich nach und nach in Farbstrukturen, lösen die Menschen­darstellung auf und ab, Eiihren zurück zum Ursprünglichen, zu den Grundelementen, zum strukturellen Bau allen Lebens schlechthin. Bewegung und Farbklänge im Bild besitzen gefühlsmäßige Symbolwerte innerhalb der Abstraktion, so bringt Blau Sehnsucht, Rot die Erfüllung zum Ausdruck. Farbenverschränkungen visualisieren existentielles Geschehen – Transzendenz und Aszendent werden bildhaft nach­vollziehbar.

In neuesten Experimenten mit der Videotechnik kommt Krayem durch Vergrößerung von Details zu erstaunlichen Phänomenen im Makro­bereich: aus der Farbenvielfalt der ganzheitlichen Bildfläche heraus­gelöste monochrome Strukturen lassen neuerlich Andeutungen von menschlich Gestalthaftem erkennen. Hier erfolgt ein erkenntnistheoreti­scher Zirkelschluß für den Spurensucher Krayem, der ehedem philoso­phierend zu den Müttern aufgebrochen ist und jetzt malend zum Kreis­lauf des Lebens gefunden hat.

Maria Buchsbaum

 

 

 

 

 

 

 

 

Gerangel um europäischen Raum
Von Dominique Goggin

Der in Wien wohnhafte Maler Awad Krayem ist erneut in der Galerie Meier in Arth zu Gast. Seine über 40 Werke sprechen die Themen «Frauen im Licht» und im Erdgeschoss topaktuell «Das Tor Europa» an.

 

Bereits im Herbst 1993 hatte Awad Krayem die Besucher der Galerie Meier in Arth mit seiner Pigmentmalerei, damals zum Motto «Engel», fasziniert. Seither ist er mehrmals wieder angereist für Ausstellung und als Seminarleiter der Creativ Wochen. An der am Wochenende eröffneten Ausstellung lädt «Das Tor Europa» ins Erdgeschoss. Menschliches Zueinanderstehen und menschliche Unterdrückung sind Themen, mit denen sich der weit gereiste gebürtige Syrier intensiv und dynamisch mit Pinsel und Farbe auseinander setzt. Diese neue Serie ist er 2005 angegangen: das Gerangel um den europäischen Raum. Öffnung - sind nur Leute genehm, welche die Wirtschaft braucht? Ist es fair, den Alten Kontinent vor Afrikanern oder Asiaten, die auf der Suche nach einem besseren Leben bei uns anklopfen, hermetisch dichtzumachen? Der Künstler, der sich neben Malerei auch mit Bildhauerei, Grafik, Fotografie, Videoinistallationen und Lyrik beschäftigt, hofft, dass Europa nicht eine Sackgasse wird, dass man den humanitären Gedanken hochhält.

 

Herausforderung erahnen

Immer eindrücklich auch die diversen Formate. Neben dem Eingang hängt «Big City life», ein riesiges Leinwandbild, die Widerspiegelung einer Grosstadt mit ihren hellen und dunklen Grautönen und roten Stopplichtern. Im Obergeschoss zieht das in starkem Blau lockende «Weltenfenster» die Augen der Besucher unweigerlich auf sich. Andere Bilder zeigen gedankenbeladene Frauengesichter und teils nur erahnbare, bedrückt da stehende weibliche Gestalten. Frauen, die sich damit schwer tun; zur Lebensverwaltung gezwungen  werden, weil der familiäre Zusammenhalt vielerorts zerstört ist. Auch die Kirchen sind thematisiert. «Inschrift» nennt sich ein gelbes Grossformat mit arabischen Schriftzügen. Die drei «Fenster» im Obergeschoss hingegen könnten Entwürfe für ein katholisches Gotteshaus sein. Wunderschön wirkt die Serie «Räume», in der sich Menschen teils sehr elegant bewegen. Der 1948 geborene Awad Krayem, der auch schon in den USA und Japan ausgestellt hat, bezeugt auch Humor. Etwa beim Bild der vier Ziegen - die behornten Köpfe in angeregter Diskussion zusammen gesteckt.

Die Ausstellung dauert bis zum 16. September. Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag 10.00-12.00 Uhr und 14.00-18.00 Uhr. Samstag 10.00 16.00 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung

top